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26
Apr
2007

Besser

Eine Sache wird sofort besser, wenn ich bei meiner Schwester bin.
Meine Haut.
Seit wir in unser Haus gezogen sind (glaube ich jedenfalls)
wird meine Haut immer schlechter und schlechter,
die letzen Wochen richtig mit eitrigen Pusteln (iiihhhh),
wie ein Streuselkuchen sah ich aus.
Obs am Wasser liegt, den Wasserleitungen,
Ausdünstungen der zahlreichen Holzverschalungen?
Ich weiß es nicht.

12
Apr
2006

Lösungen?

Ich vermute, dass es mir so schlecht geht, weil unsere Wohnsituation so beengt ist
und mein Mann nicht umziehen will.
Es ist seine Eigentumswohnung, er zahlt einen niedrigen Abtrag, das ist schon was Wert,
denn die Mieten sind hier höher, als in der nahegelegenen Großstadt!
Alleine kann ich mir hier keine Wohnung leisten.
Ich flüchte in die psychosomatische Klinik mit schönen Einzelzimmern.

Noch während meines Aufenthalts löst sich das Problem: Mein Mann erbt Anfang 2005 ein Haus.
Das bedeutet 2 Zimmer und 30 qm mehr, wenigstens etwas.
Ich bestehe auf einem eigenen Zimmer für mich und bekomme es auch,
obwohl mein Mann dort ein Kinderzimmer für seine Blagen einrichten wollte.

Mitte 2005 ziehen wir um und ich erwarte, dass es mir besser geht.
Schliesslich ist ein grosses Problem gelöst.
Aber es geht mir nicht besser.

Ich bin ein bischen vom Regen in die Traufe gekommen.
In der Wohnung meines Mannes waren nur seine (hässlichen) Möbel, sein Geschmack vertreten.
Ich musste beim Umzug ja alle meine Sachen einlagern, durfte nichts mitbringen.
Im neuen/alten von Oma ist Omas Geschmack vertreten: dunkel, wuchtig, erdrückend, hässlich.
Und ständig meint mein Mann: Das ist doch noch gut, das können wir doch behalten.
Jetzt wohne ich in einem Mix aus dänischem Bettenlager (Gatte) und Eiche rustikal (Oma).
Schlimmer gehts nimmer.

Wenigstens mein Zimmer kann ich mir einrichten wie ich will und da kommt erstmal
ein quitschorangener Teppich rein! Endlich Farbe.
Trotzdem gehts mir nicht besser.

Oben unterm Dach hat Opa sein Zimmer mit Bad und Wohnrecht auf Lebenszeit.
Er geht tagsüber nach nebenan zu meinen Schwiegereltern, wird dort versorgt/bekocht.
Aber es ist jetzt selbstverständlich, dass Opa von mir versorgt wird, wenn Schwiegervater
nach langen Jahren endlich mal wieder mit Schwiegermutter verreisen will.
Das belastet mich sehr, obwohl Opa sich alleine waschen und anziehen kann.
Es wird auch gar nicht gefragt, es heisst einfach "Im November fahren wir eine Woche weg"
Das ist dann das Zeichen für mich, dass ich mich da um Opa kümmern muss.

Ich traue mich nicht, was dagegen zu sagen.
Keiner würde es verstehen. Man denkt, ich bin doch zu Hause und koche sowieso Mittags.
Da ist es doch nicht so schlimm, wenn Opa bei uns ist und isst.
Ich weiß selber nicht, warum das so eine Belastung für mich ist.
Aber es wäre auch eine Belastung zu sagen, ich kümmere mich nicht um Opa.
Dann könnten meine Schwiegereltern nicht verreisen.
Schwiegervater wäre sauer, mein Mann auch, weil seine Mutter dann nicht verreisen kann.
Ich weiß nicht, welche Belastung schlimmer ist.

Geht es mir deswegen noch immer so schlecht?
Da muss doch noch was anderes sein?

7
Apr
2006

Bis jetzt

Mitte/Ende 2003 merke ich, dass es mir schlechter geht, obwohl es mit meinem Mann besser läuft.
Da ich nie wieder so schlimm abrutschen möchte, beginne ich eine Therapie.
Es tut zwar gut, mit jemandem zu reden, aber wie schon in den vorigen Gesprächstherapien
bringt es mir nicht wirklich was.
2004 geht es mir immer weiter schlecht, aber alles ist so diffus.
Hatte ich früher Angst und Depressionen mit Symptomen wie aus dem Lehrbuch,
kann ich jetzt kein Symptom zuordnen, nichts stimmt mit dem Krankheitsbild überein.
Ständig bin ich hochgradig aggressiv und genervt.
Kleckere ich, wenn ich mir Mineralwasser einschenke, flippe ich fast aus.
"Schei***, was soll das, warum bin ich so blöde, nie klappt was, immer geht alles schief"
So geht das den ganzen Tag, ich fluche und schimpfe, wie ich es überhaupt nicht von mir kenne.
Alles nervt mich. Und ich habe keine Lust zu gar nichts.
Kein Wunder, dass mein Arzt einen Blutdruck von 160/100 feststellt.

Ein vermuteter Grund: die beengte Wohnsituation.
Mein Mann versteht es nicht, warum ich mich in seiner Wohnung nicht wohlfühle.
Er versteht es nicht, warum ich einen Raum für mich brauche.
Er wäre doch den ganzen Tag nicht zu Hause, da hätte ich die Wohnung doch für mich alleine.
Aber ich will meine Sachen um mich haben, mich einrichten, wie ich will
und ich will nicht immer im gleichen Zimmer sein wie er.
Und ich ertrage die langweiligen Wochenenden mit den Kindern eingesperrt in der Wohnung kaum.
Ich kann mich nur ins winzige Schlafzimmer zurückziehen.

Ich muss unbedingt die Bremse treten, melde mich für eine psychosomatische Klinik an.
Einerseits, um was für mich zu tun, aber auch, um den beengten Wohnverhältnissen zu entfliehen.
Die Klinik hat mit den besten Ruf in Deutschland.
Dezember 2004/Januar 2005 bin ich dort.
Aber es geht mir von Tag zu Tag schlechter.
Die 1000 Fragebögen, die mich auf Angst und Depressionen scannen, sind alle negativ.
Die Angstgruppe kaut die Symptome einer Panikattacke durch.
Kenne ich, hatte ich, habe ich inzwischen nicht mehr.
Die Depressionsgruppe handelt im Schnellverfahren die Grundlagen der kognitiven Verhaltenstherapie ab.
Genau die Grundlagen, die ich mir in 1 1/2 Jahren erarbeitet habe.
Ich kenne schon alles auswendig, bin genervt, dass die anderen nicht kapieren, was gemeint ist.

Es geht mir schlechter und schlechter, meine Angst wird grösser, ich habe wieder eine Panikattacke.
Es sind Feiertage, Krankheitszeit, ich habe nur 4 Einzelgespräche.
Es wird auch ein Partnergespräch geführt, mit meinem Mann und mir.
Aber so ein einziges Gespräch bringt gar nichts.
Toll, der Aufenthalt hat mir nichts gebracht, die Therapeuten haben nicht kapiert, wie schlecht es
mir geht und besonders nicht, was mit mir ist.
Ich werde als gesund und arbeitsfähig entlassen.
Haha, von dem Zustand bin ich Anfang 2005 etliche Meilen entfernt.

4
Apr
2006

Verwunderlich

Nach meinem Umzug zu meinem Freund ging es mir erst ziemlich schlecht.
Eine ätzende Stadt, die den Namen Stadt gar nicht verdient. Die kleine Wohnung, 2 Zimmer,
eingerichtet von ihm im "Dänischen Bettenlager"-Stil. Keine Aussicht, umzuziehen, es ist seine
Eigentumswohnung. Keine Aussicht auf eine eigene Wohnung, die Mieten sind hier sehr hoch.
Ich habe wieder oft Kopfschmerzen, fahre alle naselang in meine Heimatstadt.
Nirgendwo fühle ich mich zu Hause. Zwischen zwei Welten.

Trotzdem geht es weiter bergauf, was verwunderlich ist, denn mit meinem Freund klappt es nicht gut.
Aber ich kann U-Bahn fahren, in die benachbarte Großstadt, dort shoppen gehen, ins Kino,
ich gebe Kontaktanzeigen auf, lerne einige Leute kennen, mit denen ich was unternehmen kann.
Ich traue mir sogar zu, mir einen Job zu suchen. Einen kleinen Job. 3 x vormittags im Büro.
Ich fahre mit meinem Freund und seinen Kindern in den Urlaub.
Ich habe wieder ein Leben.

Aber mit meinem Freund klappt es nicht gut.
Ich finde heraus, dass er noch mit seiner Freundin zusammen war, als wir uns kennenlernten.
Die beiden waren sogar noch (mit mehreren Leuten + Kindern) im Herbsturlaub.
Angeblich konnte er nicht mehr absagen und es lief sowieso nichts mehr zwischen ihnen.
Ich finde heraus, das er oft Kontakanzeigen aufgegeben hat, wenn er noch mit einer Frau zusammen war.
Scheinbar sucht er sich schon die nächste, sobald es in einer Beziehung krieselt, macht aber erst Schluss,
wenn eine andere am Haken hat.
Das verunsichert mich. MIr könnte es genauso gehen.
Und mir geht es genauso.
Ich entdecke eine Kontaktanzeige von ihm.
Seine Ausrede: er wollte nur mal sehen, wer so antwortet. Marktwert testen. Und ausserdem würde es
bei uns ja nicht gut laufen.
Das stimmt, aber kann man das nicht sagen. Ich kann doch keine Gedanken lesen?
Er flirtet, chattet, mailt.
Alles kein Problem, wenn er nicht verschweigen würde, das er mit einer Lebenspartnerin zusammen wohnt.
Aber man hat halt bessere Chancen, wenn man sich als Single ausgibt.
Das macht mir zu schaffen. Ich fühle mich nichts wert.

Irgendwann lernt er auf einem Konzert zufällig eine Frau kennen.
Er hält es vor mir geheim.
Als ich es rausfinde, ist es angeblich nur eine Freundin, mit der er mal ab und zu was unternimmt.
Wenn es nur eine Freundin wäre, bräuchte er es nicht geheim halten.
Ich leide, wenn er von der Arbeit aus anruft und sagt, er trifft sich noch mit XY.
Ich leide, wenn er sagt:"Ich gehe nochmal weg" und zu ihr geht.
Ich liege im Bett und heule und warte die halbe Nacht, wann er nach Hause kommt.
In seiner Tasche, die er immer mit zur Arbeit nimmt, ist ein Deo-Stift.
Er hat die Wahl: sie oder ich.
Er entscheidet sich für mich.
Bis heute weiß ich nicht, ob er sich tatsächlich für mich entschieden hat, oder ob sie nicht wollte!

Komisch, dass es mir von der Angst und den Depressionen her in dieser schlimmen Zeit besser ging.
Ich hatte wieder ein normales Leben.
Komisch, dass es mit der Angst und den Depressionen schlimmer wurde, nachdem wir geheiratet hatten
und die Umstände besser wurden.

2
Apr
2006

Ein Mann aus dem Internet

Kaum habe ich meinen Internetanschluss, habe ich eine Fülle von Männern, die was von mir wollen.
Das war nicht immer so.
Mit ca. 20 Jahren (!) hatte ich meinen ersten Freund, so ca. 2 1/2 Jahre lang.
Wochenendbeziehung, wir lebten noch bei unseren Eltern und zusammenziehen wollte er noch nicht!
Den zweiten Freund hatte ich mit ca. 27 Jahren (!) und das hielt ca. 3 Jahre, bis ich krank wurde.
Auch Wochenendebeziehung, ich hatte eine Wohnung, er nicht, wohnte bei seinen Eltern,
zusammenziehen konnte er nicht, kein Geld, Student.
Davor, danach, dazwischen war ... nichts! Keine Affäre, kein One-Night-Stand, kein Flirt. Nichts.
Männer mieden mich wie der Teufel das Weihwasser und ich weiß nicht warum.
Um mich herum bekamen die döfsten, dümmsten, hässlichsten, zickigsten Weiber einen Mann.
Ich nicht.
Aus lauter Verzweiflung bin ich dann mit 27 Jahren mit so einem Looser zusammengekommen,
von dem ich erst losgekommen bin, als ich krank wurde.

Und nun habe ich einen Mann aus dem Internet.
Die ersten beiden Monate musste er immer mich besuchen, ich traute mich noch nicht
die 1 1/2 Stunden Bahnfahrt + 40 min. U-Bahnfahrt auf mich zu nehmen.
Aber die Liebe gab mir einen positiven Schub.
Kurz vor Weihnachten 2000 nahm ich meinen Mut zusammen, packte meine Koffer, fuhr hin,
überraschte ihn. Feierte Weihnachten mit seiner Familie.
Ständig hob er mich auf den Arm, um zu üben, wie er mich über die Schwelle trägt!
Ständig sagte er, ich solle zu ihm ziehen.
Endlich, mit 34 Jahren, hatte ich meine erste, ernsthafte Beziehung.
Jemand wollte mich, jemand wollte mit mir zusammen sein.
Bei uns hat es ziemlich "gescheppert", vom ersten Tag an wusste ich, dass ist der Mann, den ich mal heirate!

Sowas beflügelt.
Nur 8 Monate nach unserem Kennenlernen zog ich weg aus meiner geliebten Heimatstadt,
weg von meinem süssen, kleinen Neffen, meinen Freunden in seine komische Stadt.
Eine schwere Entscheidung, aber Beziehung geht vor!!?
Da er komplett eingerichtet war, musste ich einen Teil meiner gerade neu angeschafften Möbel verkaufen.
Das meiste habe ich im Keller meiner Mutter eingelagert und da liegt es auch noch heute!
Die erste Zeit sagte ich immer " Mein Leben liegt verpackt in Kartons im Keller meiner Mutter".
Denn es war schwer für mich, in einer "fremden Wohnung" mit nur seinen Möbeln, nur seinen Sachen
heimisch zu werden. Fühlte mich immer wie ein Gast.

Die erste Zeit war schwierig, diese Stadt ist so ätzend, sie verdient den Namen Stadt nicht.
Mir fehlte alles: meine Familie, Freunde, meine Sachen, radfahren (ist hier tödlich!), bestimmte Läden.
Ich hing nur in der Wohnung, wartete, dass er von der Arbeit kam und dann gab es Streit,
weil ich so unausgeglichen war, keine Ablenkung hatte.

Aber trotz dieser widrigen Umstände ging es weiter bergauf.

30
Mrz
2006

Weiter aufwärts

Ende 1999 wird mein kleiner Neffe geboren.
Fast jeden Tag fahre ich (mit dem Rad) zu meiner Schwester und besuche den Kleinen.
Wir wohnen zwar in verschiedenen Stadtteilen, aber nur 10 min. mit dem Rad entfernt.
Bald schmeisst sie ihren Freund raus und zieht in eine Wohnung in einem Mietshaus,
das meiner Mutter gehört.
Meine Mutter wohnt auch in dem Haus. Eine dritte Wohnung steht leer und wird mir angeboten.
Das Haus ist mein Elternhaus, aber ich möchte dort nicht wieder hinziehen.
Jetzt muss ich immer 25 min. Rad fahren, um den Kleinen zu besuchen, aber Rad fahren tut gut.
Allerdings ist bei den Besuchen oft meine Mutter anwesend.
Zu ihr habe ich kein gutes Verhältnis.
Auch heute ist es noch so, wenn ich meine Schwester besuche, das meine Mutter dort ein- und
ausgeht und ich sozusagen auch meine Mutter besuche, obwohl ich das nicht will und mag.

MIt der Therapie geht es weiter voran.
Ich kann einkaufen, in die Stadt, auf den Flohmarkt. Alles nur kurz und oft aufgeregt, aber es geht.
Ich gewinne in einem Preisausschreiben einen DM 200,- Gutschein und lasse mich von einer
Freundin dazu überreden, von dem Geld ein Modem und Internetanschluss zu kaufen.
Zufällig fällt mir eine Broschüre über Chaträume in die Hände und ich versuche mal zu chatten.
Damit entdecke ich eine neue Art der Kommunikation für mich.
Im Haus bleiben und mit anderen reden. Chatten macht mir Spaß.

Prompt lerne ich einen Mann kennen, wir mailen, telefonieren, er verliebt sich in mich.
Er hat ein Handy gekauft auf dem nur ich anrufen darf.
Trotzdem ich Neuling im Internet bin, bin ich nicht naiv, dass ich diesen Mann aus Bayern
jemals kennenlernen werde. Es stellt sich auch heraus, dass er verheiratet ist. Egal.
Ich stolpere beim chatten durch diverse Zufälle über einen weiteren Mann.
Auch hier wird gemailt und telefoniert.
Seine Telefonstimme haut mich um.
Seine Mails auch, er kann sich schriftlich sehr schön ausdrücken.
Wir haben viele gleiche Interessen.
Die Fotos, die er mir schickt, gefallen mir nicht.
Ich stimme trotzdem einem Treffen zu. Vielleicht täuschen die Bilder.

Die Bilder haben nicht getäuscht, ich mag sein Aussehen nicht,
möchte am liebsten, das er sofort wieder wegfährt.
Aber er ist 150 km aus einer anderen Stadt gekommen, jetzt muss ich das Treffen durchziehen.
Ein ungewöhliches Treffen: er hat auf mein anraten sein Fahrrad mitgebracht,
da die Innenstadt wegen einer Veranstaltung für Autos und Busse gesperrt ist.
So radeln wir von unserem Treffpunkt an einem Parkplatz in die Stadt.
An mehr kann ich mich kaum erinneren, ich dachte nur immer bei mir
"Hoffentlich fährt er bald wieder" weil ich sein Aussehen nicht mochte.

Er ist von mir allerdings begeistert, schickt mir nach dem Treffen süsse SMS und Mails
und ich bin von seiner Zuneigung hin und weg und stimme einem weiteren Treffen zu.
Zwei Wochen muss ich warten, er hat einen Herbsturlaub gebucht.
In den zwei Wochen verliebe ich mich auch in ihn, durch seine gefühlvollen Mails und Postkarten.

Als er mich dann nach seinem Urlaub besucht, ist es, als ob wir schon ein Paar wären.
Wir verbringen ein schönes Wochenende zusammen.
Als Frau merke ich mir das Datum und drei Jahre später wird es unser Hochzeitsdatum.

Dazwischen liegt aber noch so einiges an Höhen und Tiefen, Umzügen und Entdeckungen.

28
Mrz
2006

Jetzt aber!

Endlich geht es aufwärts.
1999 wird meine Schwester schwanger, zieht aus unserem gemeinsamen Haus aus.
Ich will dort nicht mit einer fremden Person wohnen, ziehe auch aus.
Alle meine Möbel, mit denen ich seit 10 Jahren umziehe, schmeisse ich weg,
richte mich komplett neu ein.

Endlich finde ich eine Therapeutin mit einer geeigneten Therapieform.
Kognitive Verhaltenstherapie.
Ein klares Konzept.
Ich lerne, wieviele Gefühle es gibt. Ich glaube, es waren neun.
Ich lerne, wie sie entstehen. Ich lerne, wie MEINE Gefühle entstehen.
Und mit vielen, vielen Fragen der Therapeutin finden wir raus, wie meine Angst entsteht und warum.
Endlich.
Die ganzen früheren Gespräche mit den anderen Therapeuten waren für mich so ohne Sinn
und Verstand, einfach nur erzählen, das bringt doch nichts.
Jetzt muss ich Protokoll über meine Gefühle führen. Über die Angstgefühle.
Es hilft mir, aufzuschreiben, welche Gedanken dem Gefühl Angst voran gehen.
Denn diese Gedanken kann ich verändern.
Und dann kommt als Gefühl nicht mehr Angst raus, sondern etwas anderes.
Gleichzeitig muss ich auch Übungen machen.
Mich angstauslösenden Situationen aussetzen.
Mich in der Öffentlichkeit lächerlich machen, Aufmerksamkeit auf mich ziehen.

Die Therapie ist hart, während der Zeit habe ich sehr oft Kopfschmerzen.
Ich nehme schon jahrelang Aspirin, viel zu viel, das schädigt den Magen.
Eines Nachts wache ich mit Magenbluten auf. Ich muss ins Krankenhaus.
Meine hochschwangere Schwester begleitet mich in einer unerträglich heissen Augustnacht ins Krankenhaus.
Ich muss dort bleiben, Magenspiegelung.
Ich habe eine perforierte Magenschleimhaut.
Krankenhaus und Ärzte, alles das, wo meine Angst begann und sie am grössten ist.
Schlimme 4 Tage im Krankenhaus voller Angst.
Ab sofort darf ich keine Schmerztabletten mehr nehmen.

Eine Nebenwirkung von Kopfschmerztabletten sind Kopfschmerzen.
Ein Teufelskreis.
Ohne Tabletten ist es wie ein Entzug.
Ich mache mit meiner Therapie weiter und muss jetzt auch noch die Kopfschmerzen aushalten,
darf sie nicht mehr mit Tabletten abstellen.
Das war eine harte Zeit.

Aber trotz der schlimmen Kopfschmerzen geht es mir ganz langsam besser.
2000 wird mein Jahr!

23
Mrz
2006

Und den ganzen Weg wieder zurück

Die 1 1/2 Jahre mit Angst und Depressionen nur im Haus haben mich wahrscheinlich 10 Jahre meines
Lebens gekostet, wenn nicht noch mehr. Ich bin wie eine 80-jährige.
Die Erkältung, die ich mir bei einem einzigen "Ausflug" in ein Krankenhaus hole,
gibt mir den Rest.
Ich liege tagelang mit Fieber im Bett, ich schnaube Blut und Eiter, ich huste Blut und Eiter.
MIr ist alles egal, ich warte nur noch auf den Tod.
Aber der kommt nicht.
Ich erhole mich und mir ist alles so egal, noch egaler, als vorher.
Ich melde mich in einer psychosomatischen Klinik an, die aus der ich schon 3 x abgehauen bin
und einmal drei Monate geblieben bin.
Diesmal nehme ich die Medikamente, die man mir empfiehlt.
Ich mache jede Therapie und Anwendung, die man mir verodnet, mit.
Immer noch habe ich massive Panikattacken, wenn ich mein Zimmer verlasse.
Aber ich krabbel auf allen vieren zum Therapieraum oder lasse mich von Mitpatienten stützen.
Mir ist alles egal, ich halte jede Attacke aus, und wenn ich vom Stuhl kippe, egal.

Die Medikamente schlagen so schnell an, schon nach zwei Wochen ertappe ich mich
beim morgendlichen Bettenmachen beim pfeifen und singen.
Die Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung ist fast weg.
Ich übe Busfahren und zum Supermarkt gehen.
Ich habe immer noch so schlimme Panikattacken, das ich mich kaum auf den Beinen halten kann.
Aber ich halte es aus und vermeide nicht mehr.
Die Therapien und Gespräche sind für mich noch immer nutzlos, einzig die Tabletten helfen.
Ich habe auch wieder Hunger, eine Nebenwirkung der Tabletten, und nehme 15 kg zu. Egal.

Nach meiner Entlassung, März 98, gehe ich zu einer Therapeutin, die meine Freundin "besorgt" hat.
Die Frau ist so blöde, die Gespräche so bescheuert, ich fühle mich danach schlechter, nicht besser.
Aber ich wage nicht, die Therapie abzubrechen.
Vielleicht habe ich ja unrecht und die Therapeutin ist gut, nur bin ich zu krank, das zu erkennen?
Die 25 Sitzungen gehen vorbei und jetzt habe ich von Therapie erstmal die Nase voll.

Ich kann wieder ein kleines Leben leben.
Einkaufen im Supermarkt, aber nur, wenn nicht gerade "Rush-Hour" ist.
Ein bischen rausgehen.
Das reicht mir schon, man wird bescheiden, wenn man 1 1/2 Jahre das Haus nicht verlassen hat.

Im August ist es so heiss, die Tabletten bereiten mir Probleme, mir ist immer schwindelig.
Das Medikament wird langsam ausgeschlichen.
Ich kann ohne Medikament sein, es geht mir nicht schlecht, aber auch nicht so gut, wie mit Medikament.
Gerne würde ich endlich eine richtige Therapie machen, traue mich aber nicht,
weil ich Angst habe, wieder an so doofe und unfähige Therapeuten zu geraten.

Ein Zufall hilft mir, einen Termin Mitte 1999 bei einer Therapeutin zu bekommen.
Das ist endlich die richtige Therapeutin und die richtige Therapieform.
Kognitive Verhaltenstherapie.
Ein klares Konzept, strukturiert aufgebaut, genau das richtige für mich.
Endlich.
Aber wer in der Hölle war, muss den ganzen langen Weg durch die Hölle wieder zurück,
um da rauszukommen!

21
Mrz
2006

Abstieg in die Hölle

Ich gehe nicht mehr aus dem Haus. Wohin auch, ich habe ja keine Arbeit mehr.
Ich gehe auch nicht mehr zu dieser komischen Kunsttherapie.
Ich gehe nirgendwo mehr hin.
Ich verlasse mein Haus 1 1/2 Jahre nicht!

Meine Schwester wohnt oben, sie bringt mir Lebensmittel mit, wenn sie einkauft.
Zwischen August 1996 und Januar 1997 werde ich vier mal ins Krankenhaus eingewiesen.
Dreimal haue ich schon nach wenigen Tagen wieder ab, einmal bleibe ich 3 Monate.
Aber ich habe nur die Räume getauscht. Jetzt verlasse ich die Klinik nicht, gehe nicht raus.
Die Gespräche 1 x die Woche mit dem Psychologen bringen mir nichts.
Gruppentherapie, Ergotherapie (Basteln!) bringt mir alles nichts.

Inzwischen habe ich nicht nur Angstzustände sondern auch noch eine fette Depression.
Nach meiner Entlassung im März 1997 gehts richtig los:
ich vegetiere nur noch vor mich hin.
Ich ziehe mich morgens nicht mehr an, trage Tag und Nacht die gleichen Klamotten.
Ich wasche mich nicht mehr. Ich mache die Wohnung nicht sauber.
Ich esse nichts mehr. Ich bin 1,75 groß und wiege 55 kg.
Jeden Tag bin ich bleiern müde. In meinem Kopf ist ein Druck, jeden 2. Tag habe ich Kopfweh.
Meine Arme und Beine schmerzen, als hätte ich Rheuma.
Ständig ist mir Übel, ich habe dauernd Durchfall.
Manchmal kann ich nicht mehr atmen. Ich habe Kreislaufstörungen.
Meine Gedanken drehen sich im Kreis. Ich muss oft weinen.
Ich mache mir Sorgen um mich selbst. Ich denke, ich habe eine schlimme Krankheit
und kein Arzt erkennt sie. Ich weiß nicht, dass diese Symptome von der Depression kommen.

Jeden Tag habe ich Panikattacken, einfach so, auch Nachts.
Ich kenne den Auslöser nicht.
Ich will irgendwo hin, wo ich "sicher" bin, wo ich keine Angst habe.
Ich gehe schon nicht mehr raus, trotzdem kommen die Attacken.
Wo kann ich hin, wo mich die Attacken nicht erreichen.
Ich bin vollkommen Verzweifelt und Hoffnungslos und verbringe die meiste Zeit im Bett.

Ich unternehme zwei halbherzige Selbstmordversuche.
Die Krankenkasse hat mich inzwischen ausgesteuert. Jetzt bin ich Rentner.
Die Tage, Wochen, Monate schleppen sich dahin. Ich schleppe mich dahin.
März, April, Mai, Juni, Juli, August, September, Oktober, November, Dezember.
Alles wird schlimmer und schimmer.
1998. Januar:
Ich erfahre von einer Klinik, in der ich noch nicht war.
Gedopt mit Diazepam bis unter die Haarspitzen werde ich zu einem Vorgespräch gefahren.
Aber die Klinik will mich nicht.
Das einzige, was ich von dem Ausflug mitbringe, sind Bazillen.
Ich bekomme eine so schwere Grippe, die mich fast das Leben kostet.
Aber letztendlich rettet sie mir das Leben

20
Mrz
2006

Aufwärts?

Ich nehme den Kampf gegen diese "Zustände" auf. Mit kleinen Schritten.
Zuerst 200 m bis zum Briefkasten gehen.
Mein Herz rast, ich habe Sehstörungen, zittere, meine Beine geben nach, ich schwitze,
kann kaum atmen, mir ist so schwindelig.
Ich hangel mich an den Gartenzäunen der Nachbarn entlang, bis zum Briefkasten
und wieder zurück. Die letzen Meter krieche ich auf allen Vieren, meine Beine machen schlapp.

Ich erzähle meiner Frauenärztin von den Zuständen und jetzt bekommen sie einen Namen:
Panikattacken.
Sie überweist mich zu einer Kunsttherapeutin.
Warum? Weil diese Kunsttherapeutin gerade Prospekte in der Arztpraxis ausgelegt hatte!!
Die Therapie nützt mir gar nichts.
Ich bin verwirrt über die Panikattacken. Was ist das, warum habe ich das, was geschieht mit mir?
Keine Antworten, aber vielleicht habe ich auch nicht die richtigen Fragen gestellt?
Ich übe weiter aus dem Haus zu gehen, kann bald auf die Hauptstrasse, kurz in Geschäfte usw.

Sechs Wochen nach der OP muss ich wieder zur Arbeit.
In den ersten Wochen nach der OP brauchte ich Hilfe, beim An- und Ausziehen,
Haare waschen, Verrichtungen im Haushalt. Ich konnte kaum meine Arme bewegen.

Zuerst scheint es, als ob alles wieder normal wird.
Ich gehe zur Arbeit, gehe einkaufen. Feiere meinen 30. Geburstag ganz groß,
Domtreppen fegen, große Feier in einem Lokal.
Aber im Sommerurlaub bleibe ich zu Hause, gehe kaum raus.

Nach meinem Urlaub gehts mir wieder schlechter. Meine Arbeit überfordert mich.
Ich kann nicht an Besprechungen teilnehmen. Nicht mit in die Kantine. Zu viele Menschen!
Kann nicht auf eine Fortbildung in einer anderen Stadt.
Ständig gehts mir schlecht, ich weiß nicht, was los ist, mir ist schwindelig und übel.
Immer öfter fehle ich oder muss früher nach Hause gehen.
Zuerst hat mein Chef Verständnis, er schätzt meine Arbeitskraft und er hat eine Angstkranke Schwester!
Aber irgendwann gehts nicht mehr und er bietet mir einen Aufhebungsvertrag an.
MIr ist alles egal und ich unterschreibe. Leider.
Ich muss sofort meine Sachen packen und gehen.
Kann mich nur von ein paar Kollegen verabschieden.
Mein Lieblingskollege ist nicht da. Ich sehe ihn nie wieder.

Zuhause klappe ich zusammen und werde geschüttelt von Weinkrämpfen.
Ich kann überhaupt nicht wieder aufhören und liege den ganzen Tag auf dem Wohnzimmerboden rum.
Warum sollte ich aufstehen? Wofür?

Mein Abstieg in die Hölle beginnt.

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Frei nach Hippokrates: "Für was man Worte hat, darüber ist man schon fast hinweg" möchte ich mir hier mal alles von der Seele schreiben - also rumjammern.

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susi (Gast) - 29. Jun, 13:36
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FritzW - 12. Okt, 15:20
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rose (Gast) - 21. Jul, 16:48
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Petra (Gast) - 2. Nov, 11:06
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Angst das Haus zu verlassen? Ich habe wahrhaftig Mitleid...
Petra (Gast) - 2. Nov, 11:03

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