Abstieg in die Hölle
Ich gehe nicht mehr aus dem Haus. Wohin auch, ich habe ja keine Arbeit mehr.
Ich gehe auch nicht mehr zu dieser komischen Kunsttherapie.
Ich gehe nirgendwo mehr hin.
Ich verlasse mein Haus 1 1/2 Jahre nicht!
Meine Schwester wohnt oben, sie bringt mir Lebensmittel mit, wenn sie einkauft.
Zwischen August 1996 und Januar 1997 werde ich vier mal ins Krankenhaus eingewiesen.
Dreimal haue ich schon nach wenigen Tagen wieder ab, einmal bleibe ich 3 Monate.
Aber ich habe nur die Räume getauscht. Jetzt verlasse ich die Klinik nicht, gehe nicht raus.
Die Gespräche 1 x die Woche mit dem Psychologen bringen mir nichts.
Gruppentherapie, Ergotherapie (Basteln!) bringt mir alles nichts.
Inzwischen habe ich nicht nur Angstzustände sondern auch noch eine fette Depression.
Nach meiner Entlassung im März 1997 gehts richtig los:
ich vegetiere nur noch vor mich hin.
Ich ziehe mich morgens nicht mehr an, trage Tag und Nacht die gleichen Klamotten.
Ich wasche mich nicht mehr. Ich mache die Wohnung nicht sauber.
Ich esse nichts mehr. Ich bin 1,75 groß und wiege 55 kg.
Jeden Tag bin ich bleiern müde. In meinem Kopf ist ein Druck, jeden 2. Tag habe ich Kopfweh.
Meine Arme und Beine schmerzen, als hätte ich Rheuma.
Ständig ist mir Übel, ich habe dauernd Durchfall.
Manchmal kann ich nicht mehr atmen. Ich habe Kreislaufstörungen.
Meine Gedanken drehen sich im Kreis. Ich muss oft weinen.
Ich mache mir Sorgen um mich selbst. Ich denke, ich habe eine schlimme Krankheit
und kein Arzt erkennt sie. Ich weiß nicht, dass diese Symptome von der Depression kommen.
Jeden Tag habe ich Panikattacken, einfach so, auch Nachts.
Ich kenne den Auslöser nicht.
Ich will irgendwo hin, wo ich "sicher" bin, wo ich keine Angst habe.
Ich gehe schon nicht mehr raus, trotzdem kommen die Attacken.
Wo kann ich hin, wo mich die Attacken nicht erreichen.
Ich bin vollkommen Verzweifelt und Hoffnungslos und verbringe die meiste Zeit im Bett.
Ich unternehme zwei halbherzige Selbstmordversuche.
Die Krankenkasse hat mich inzwischen ausgesteuert. Jetzt bin ich Rentner.
Die Tage, Wochen, Monate schleppen sich dahin. Ich schleppe mich dahin.
März, April, Mai, Juni, Juli, August, September, Oktober, November, Dezember.
Alles wird schlimmer und schimmer.
1998. Januar:
Ich erfahre von einer Klinik, in der ich noch nicht war.
Gedopt mit Diazepam bis unter die Haarspitzen werde ich zu einem Vorgespräch gefahren.
Aber die Klinik will mich nicht.
Das einzige, was ich von dem Ausflug mitbringe, sind Bazillen.
Ich bekomme eine so schwere Grippe, die mich fast das Leben kostet.
Aber letztendlich rettet sie mir das Leben
Trackback URL:
https://angstblog.twoday.net/stories/1725941/modTrackback